ISBN:
3932700244
Sprache:
Deutsch
Seiten:
306 Seiten
,
Ill.
Erscheinungsjahr:
2004
Schlagwort(e):
Zwangsarbeit
;
Weltkrieg
;
Ukraine
Kurzfassung:
(...) 1940 wurde er zum Militärdienst eingezogen und aufgrund seiner Deutschkenntnisse als Dolmetscher in der Aufklärungsabteilung der 80. “Donbass-Proletariat”-Division eingesetzt. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion wurde die Einheit von Berl Kostinski, die zur 6. sowjetischen Armee gehörte, südlich von Kiew von der Wehrmacht eingekesselt. Bei dem erfolglosen Versuch, die Einkesselung zu durchbrechen, wurde Berl Kostinski am 6. August 1941 schwer verwundet. Als er zwei Tage später von einem deutschen Soldaten entdeckt wurde, gab er sich geistesgegenwärtig als Hans Vogeler, Sohn deutscher Eltern, aus, um der drohenden Erschießung als Jude und “Politruk” zu entgehen. Nach medizinischer Versorgung wurde Berl Kostinski ins Reich transportiert und durchlief vier Kriegsgefangenenlager. Als angeblicher Volksdeutscher erfuhr er eine bessere Behandlung als andere Rotarmisten, musste aber ständig fürchten, “enttarnt” zu werden. Ab August 1942 arbeitete Berl Kostinski als Dolmetscher für sowjetische Zwangsarbeiter, zunächst in einer Textilfabrik in Falkenburg, dann in der Rüstungsfirma Bücker Flugzeugbau in Rangsdorf bei Berlin. Im Mai 1944 erhielt er eine Vorladung der Volksdeutschen Mittelstelle zur Überprüfung seiner deutschen Abstammung. Obwohl er die Untersuchung überstand, ohne Verdacht zu erregen, beschloss er, erneut seine Identität zu wechseln. Er wollte nicht riskieren, in die Wehrmacht einberufen zu werden, und meldete sich daher als Russe Boris Kostin mit seiner Freundin, einer sowjetischen Zwangsarbeiterin, in einem Durchgangslager in Gotenhafen (Gdynia/Gdingen) an. Von dort aus wurde er nach Westdeutschland transportiert und ab Ende August 1944 in Leverkusen als “Ostarbeiter” bei I.G. Farben (Bayer A.G.) eingesetzt. Berl Kostinski, der am 13. März 1945 durch einen Splitter am Hals schwer verletzt wurde, erlebte am 15. April 1945 in Leverkusen die Befreiung. Bei der Repatriierung im Sommer 1945 wurde Berl Kostinski von seiner Familie getrennt. Nachdem man ihn mit anderen ehemaligen Kriegsgefangenen in Magdeburg eingeliefert hatte, wurde er zur Arbeit nach Tscheljabinsk im Ural geschickt, wo er bis April 1946 „filtriert“ (überprüft) wurde. 1949 wurde er im Kontext der Kampagne gegen „Kosmopoliten“ entlassen. Als Jude und Repatriant konnte er keine andere Stelle finden, schließlich kehrte er in die Ukraine zurück, wo ihm ein Schulfreund eine Stelle als Dorflehrer besorgte. Damit endete aber noch nicht sein Leidensweg: Am 16. April 1951 wurde Berl Kostinski verhaftet und wegen angeblichen Hochverrats, begangen während der Kriegsgefangenschaft, zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt. Er kam in das nördlich des Polarkreises gelegene “Berglager” Norilsk (Speziallager Nr. 2). An dem Norilsker Häftlingsaufstand, der im Sommer 1953, nach Stalins Tod, ausbrach, beteiligte sich auch seine Lagerabteilung. Berl Kostinski wurde im Juli 1956 vorzeitig aus dem Gulag entlassen, aber erst 1987 durch das Plenum des Obersten Gerichts der UdSSR rehabilitiert. (...)
URL:
http://www.juedische-lebensgeschichten.de/person.asp?pid=25
Permalink