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    ISBN: 385498040X
    Language: German
    Pages: 128 Seiten , Illustrationen
    Edition: 1. Auflage
    Year of publication: 2000
    Keywords: Freud, Sigmund
    Abstract: In bemerkenswert sachlicher Rede und unaufgeregt kühlem Ton nähert sich Medizinerin und Psychotherapeutin Katja Behling-Fischer dem einigermassen prekären Projekt, ein Porträt Sigmund Freuds in seiner Eigenschaft als Esser zu zeichnen. Anders als Bernhard, der sowohl am literarischen Personal als auch am eigenen Leibe - und seiner Lebenskrankheit - die tragikomischen physischen Bedingtheiten menschlichen Geistes stets hervorgehoben hat, eignet dem Nimbus des Begründers der Psychoanalyse eine - nenne man sie "bürgerliche", nenne man sie "wissenschaftliche" - beträchtliche Fallhöhe. Mit Respekt und mit Takt navigiert die Autorin zwischen "allzumenschlicher" Skylla und hagiographischer Charybdis, indem sie den kulturellen und historischen Hintergrund in die Freud-Privatissima integriert. So zeigen sich schon auf dem alimentären Plan die verschiedenen Grade der Assimilierung von Menschen jüdischer Herkunft um die Jahrhundertwende: Entstammte Martha Bernays einem berühmten orthodoxen hamburgischen Clan, leistete sie während ihrer fünfzigjährigen Ehe Verzicht auf religiöse Rituale und kehrte erst nach ihres Gatten Tod zu den jüdischen Speisevorschriften (Kaschrut) zurück. Freud selbst war, obgleich Jude, nicht im orthodoxen Sinne erzogen und geschmacklich auf die böhmisch-österreichische Küche eingestellt. Nicht zufällig disqualifizierte Joseph Roth das von Freud zur Unwahrscheinlichkeit okkultistischer Glaubenssätze formulierte Gedankenspiel, das Erdinnere bestehe aus Marmelade oder Mineralwasser, verächtlich als "Powidltheorie". Quintessenz der böhmischen Mehlspeisküche, figuriert dieses Pflaumenmus höchst prominent in jener 1894 erschienenen "Deutschen Kochschule", die bis zum Tode Annas 1982 in den Haushaltungen der Freuds Verwendung fand. Aus Marthas handschriftlicher Rezeptkladde, besonders jedoch aus den von Detlef Berthelsen aufgezeichneten Erinnerungen der Paula Fichtl, die als Haushälterin 53 Jahre lang die Wirtschaft der Freuds begleitet hat, fügt sich ein plastisches Bild der alimentären Aspekte eines bürgerlichen Gelehrtenfamilienlebens über die Generationen hinweg. Aus den bekannten biographischen Bausteinen - angereichert durch persönliche Hinweise des Enkels, W. Ernest Freud - fügt Katja Behling-Fischer ein biographisch wie kulturhistorisch aufschlussreiches Mosaik: Hier der Patriarch, präsidierend die täglich exakt um 13 Uhr aufgetragene Familientafel, dort der passionierte Pilzesammler, der die sommerfrische Pirsch zusammen mit den Kindern als Höhepunkte familialer Innigkeit empfand. Durch Jahrzehnte belegen zahlreiche Zeugnisse Freuds geradezu groteske Abneigung gegen Huhn und Blumenkohl (Karfiol), welche sogar die Ursache abgeben konnte, gewisse tables d'hôtes pfleglich zu meiden. Synoptisch der biographischen Erzählung zur Seite gestellt, verweisen thematisch gruppierte Werkzitate auf das metaphorische Potenzial der Objekte oraler Begierde: Von der "Dobos"-Schichttorte als Traumsymbol für die tiefgestaffelten Strata des Bewusstseins bis zum "Punsch mit Lethe", den der junge Freud scherzhaft im Briefwechsel mit Wilhelm Fliess mehrfach beschwor. Das Korpus der beigegebenen Rezepte ist vergleichsweise schmal und - ehrlich - als noble Ausstattung dieses reich illustrierten Buchs mehr für den coffee-table als für die Küchenwerkstatt qualifiziert. Warum für die Titelfoto ausgerechnet eine Platte mit halbblutig gegartem Rinderfilet auf die Couch drapiert worden ist, könnte indes noch manche analytische Sitzung beschäftigen.
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