Language:
German
Pages:
91 Seiten
,
Illustrationen
Year of publication:
1997
Keywords:
Ėrenburg, Ilʹja
;
Schriftsteller
;
Ausstellung
Abstract:
Das deutsch-russische Museum Berlin-Karlshorst erinnert in seiner Dauerausstellung an einen Abschnitt der Geschichte, der keine Harmonieseligkeit aufkommen lässt, den Krieg im Osten, der zwischen 1941 und 1945 mehr als 30 Millionen Opfer forderte. So soll auch das Thema der ersten Sonderausstellung ein unbequemes und strittiges sein, das zur Auseinandersetzung und Überprüfung alter Vorstellungen herausfordert. Auch wer dreißig Jahre nach dem Tod Ilja Ehrenburgs (1891-1967) Auskunft über ihn sucht, kann extrem gegensätzliche Antworten erhalten: An den Vertreter der literarischen Avantgarde des 20. Jahrhunderts und Kosmopoliten der europäischen Hauptstädte, den journalistischen Kämpfer gegen die faschistischen Regime, den ersten Berichterstatter des nationalsozialistischen Völkermordes an den sowjetischen Juden und die erste Stimme des "Tauwetters" nach Stalins Tod werden die einen erinnern. Andere weisen dagegen auf den Verfasser soz-realistischer linientreuer Romane und zahlreicher Elogen auf Stalin, auf den maßlosen Agitator des Zweiten Weltkrieges, für den deutsch und faschistisch Synonyme waren, auf den willigen Propagandisten der kommunistischen Weltfriedensbewegung. Kein Zweifel, dass Leben und Werk umstritten waren, im eigenen Land wie auch jenseits der Grenzen. Aber in keinem Land ist er mehr zum Schreckbild geworden als in Deutschland. Schon für die NS-Propaganda als Prototyp des kosmopolitischen "Asphaltliteraten" und "jüdischen Bolschewisten" bevorzugtes Feindbild, wurde er nach dem Krieg noch einmal in der Bundesrepublik Deutschland zum propagandistisch Verantwortlichen für die Leiden der deutschen Zivilbevölkerung zum Kriegsende im Osten gemacht. Auch wenn die jüdische Identität Ehrenburgs nach dem Krieg nicht mehr benannt wurde, standen diese Angriffe in der Kontinuität der alten Feindbilder. Mit der Ausstellung über Ilja Ehrenburg sollen jenseits feierlicher Preisgesänge und aggressiver Feindbilder Leben und Werk eines Schriftstellers kenntlich gemacht werden, die für die Wege in die Moderne exemplarischen Charakter besitzen.
URL:
http://www.museum-karlshorst.de/html/museum/sa/ehrenburg.shtml
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