Wie Industrialisierung und Globalisierung die wirtschaftliche Situation der Juden im 19. Jahrhundert veränderten.

Ende des 19. Jahrhunderts waren etwa 90 Prozent der bedeutenden und einflussreichen Getreidegroßhändler an der Berliner Börse Juden. Viele der Firmen waren erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Unternehmern gegründet worden, die aus den preußischen Ostprovinzen nach Berlin zugewandert waren.
Ariane Wessel fragt nach den Gründen sowohl für den schnellen wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg dieser Getreidehändler als auch für die deutliche Präsenz von Juden im Berliner Getreidehandel. Neben den in der jüdischen Geschichte gängigen Erklärungen für Verbürgerlichung und sozialen Aufstieg deutscher Juden im 19. Jahrhundert räumt die Autorin den wirtschaftlichen Veränderungen jener Zeit einen größeren Stellenwert ein. Gleichzeitig wendet sie die Erkenntnisse der soziologischen Migrationsforschung auf das Phänomen des jüdischen Aufstiegs im 19. Jahrhundert an und kann damit die bedeutende Stellung von Juden im Berliner Getreidehandel erklären.
Die Autorin liefert eine differenzierte Auseinandersetzung an der Schnittstelle von Wirtschaftsgeschichte und Jüdischer Geschichte und verbindet diese beiden Fachdisziplinen gewinnbringend miteinander.