Peter Kamber

Fritz und Alfred Rotter

Ein Leben zwischen Theaterglanz und Tod im Exil
Cover: Fritz und Alfred Rotter
Henschel Verlag, Leipzig 2020
ISBN 9783894878122
Gebunden, 504 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Mit 74 Schwarzweiß-Abbildungen. Erste Biografie über die Bühnenkönige der Zwanziger Jahre. Berlin in den "Goldenen Zwanzigern": Das Metropol-Theater, das Residenz-Theater, das Theater des Westens, das Lessing-Theater, der Admiralspalast und andere mehr sind als die "Rotterbühnen" bekannt. Wer auf diesen Brettern stehen darf, hat es geschafft: Die Brüder Fritz und Alfred Rotter gehören zu den bekanntesten und erfolgreichsten Theaterdirektoren in der Weimarer Republik. Auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs feiern sie vor allem mit Operetten große Triumphe. Fritzi Massary, Richard Tauber, Hans Albers, Käthe Dorsch, Grete Mosheim und viele andere werden von den Rotters entdeckt und teils zu Stars gemacht. Doch der Bühnenkonzern ist auf große Investitionen, stabile Einnahmen und Kredite angewiesen. In der Weltwirtschaftskrise bricht das Unternehmen zusammen. Über 1300 Angestellte verlieren ihre Arbeitsplätze.
Bereits in dieser Zeit werden Fritz und Alfred Rotter als Juden gebrandmarkt, angefeindet und in NS-Zeitungen verächtlich gemacht: Die Nationalsozialisten schmähen sie als "jüdische Finanzhasardeure" und "verkrachte Theaterjuden". Dabei haben sie wie wenige andere das kulturelle Leben der Stadt bereichert und bestimmt - und mit untrüglichem Gespür für dramaturgische Stoffe, Melodien und Stars ihre Erfolgsoperetten (mit Franz Lehár, Ralph Benatzky, Paul Abraham und anderen) geschaffen. Doch nun gibt es niemanden mehr, der für sie einsteht. Sie fliehen Anfang 1933 nach Liechtenstein: vor den erstarkenden Nazis und den Schulden. Doch auch in Liechtenstein können sie sich nicht retten.
Die vorliegende Biografie schildert die dramatischen Umstände, unter denen Fritz und Alfred Rotter von vier Liechtensteinern und zwei Deutschen am 5. April 1933 entführt werden sollten, worauf Alfred und Gertrud Rotter oberhalb von Vaduz in den Tod stürzten. Die anschließenden Prozesse in Liechtenstein gegen die Täter werden anhand von Prozess- und Verhörakten wieder greifbar, und der Autor beschreibt anhand von Zeitzeugenberichten und Dokumenten, wann genau und wie Fritz Rotter 1939 in Frankreich tragisch ums Leben kam.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.04.2021

Was Rezensent Hans-Peter Kunisch an der Darstellung Kambers kritisiert, geschieht ihm dann selbst: Vor lauter Details wird alles einigermaßen unübersichtlich. Immerhin bleibt klar, wie interessant viele der vorgebrachten Details tatsächlich sind und wie spannend die Berliner Theaterlandschaft der Weimarer Zeit war - auch in ihrer finanziellen Absicherung durch Unternehmer, die oftmals mehr "Theaterblut" hatten als finanziellen Durchblick. Wie sich daraus und der antisemitischen Aggression der Nazis dann Entführung, Verrat, Gefängnis und Tod entwickelten, ist hier nachzulesen - nach Meinung des Kritikers etwas mühsam, aber doch lohnend.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.12.2020

Rezensent Hubert Spiegel lobt die Recherchearbeit des Publizisten Peter Kamber in Sachen Fritz und Alfred Rotter. Was der Autor aus Briefen, Akten, Protokollen und Memoiren lüftet, verschlägt Spiegel mitunter den Atem ob seiner Schärfe. Wie gegen die Theater-Brüder gehetzt wurde, auch von notablen Kritikern wie Alfred Kerr oder Herbert Ihering, lässt Spiegel die aufgeheizte Atmosphäre der 1920er und 30er Jahre in Berlin erahnen. Auch wenn die Rotters ihr Imperium aus bis zu neun Bühnen mit "windigen" Geschäften betrieben, wie Spiegel bei der Lektüre erfährt, von ihrem enormen Gespür für den Publikumsgeschmack kündet der Band laut Rezensent auch.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 19.09.2020

Manuel Brug bedauert die Unfähigkeit Peter Kambers, die explosive, glamouröse Lebensgeschichte der Berliner Bühnenkönige Rotter vor dem historischen Panorama der Weimarer Republik kongenial zu erzählen. Kamber bietet laut Brug nicht viel mehr als eine durchaus gründliche Materialsammlung, akribisch, aber staubtrocken. Die fehlende Spannungsdramaturgie, der fehlende Stil nehmen Brug jeden Spaß an der Lektüre. Allerdings: Kennt er sich aus mit Namen und Events in dem so bieder vorgestellten "zeitgeistigen Dschungel", kann der Leser dem Buch durchaus Genuss abgewinnen, räumt Brug ein.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.06.2020

Petra Kohse erfährt viel über das Theaterbusiness in der Weimarer Republik aus Peter Kambers Lebensgeschichte der Brüder Fritz und Alfred Rotter, Könige der Salonkomödie und der Operette in Berlin anno 1920. Dass der Autor sich mitunter in den Details der Theater-Buchhaltung verliert, strengt Kohse zwar an, über "Flitter und Verwegenheit" in der Wirtschaftskrise berichtet ihr der Autor dafür umso schöner. Komisch nur, findet Kohse, dass die Protagonisten und ihr aufregendes Privatleben der Leserin so fern bleiben. Als Grundlagenforschung in Sachen Geschäftstheater macht der Band aber was her, meint sie.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.04.2020

Rezensentin Bettina Müller lernt von Peter Kamber, wie die Brüder Rotter durch den Nationalsozialismus systematisch zu Fall gebracht wurden. Kamber erzählt hier die Lebensgeschichte der beiden jüdischen Theaterschaffenden, die in den 20er und 30er Jahren sehr erfolgreich waren, dann aber zunehmend von rechter Seite verleumdet wurden und schließlich im Exil starben. Kambers "akribische" Recherche mit fast tausend zitierten Dokumenten sorgt bei der Rezensentin zwar zunächst für eine mühsame Lektüre. Sie sei aber doch notwendig, um zu verstehen, wie systematisch die Brüder zur "Projektionsfläche" für antisemitische Klischees wurden. Müller versteht Kambers Buch als Rehabilitierungsversuch zu Gunsten von Fritz und Alfred Rotter, die zwar gelegentlich "falsch kalkulierten", aber nie, wie von der rechten Presse behauptet, betrügerisch handelten. Ein lehrreiches Buch, meint die Rezensentin.