Lektüren von der öffentlichen wie identitätspsychologischen Bedeutung des Skandals in Schnitzlers Werk.

Kulturhistorisch zeichnet sich die Jahrhundertwende um 1900 durch Skandale aus, die inszeniert wie ungewollt Brüche mit Modegepflogenheiten, mit gender- und milieuspezifischen Verhaltenserwartungen oder mit sozialen Moralvorstellungen thematisierten. Der österreichisch-jüdische Autor Arthur Schnitzler (1862-1931) interessierte sich für dieses Phänomen. Er analysierte es mit großer Sensibilität für seine zugrundeliegenden Dynamiken und erregte mit seinen Texten manchmal bewusst Skandale.
Die Beiträge dieses Buches verfolgen die Spur der vielfältigen Skandale in Schnitzlers Werk und ihre Rezeptionsgeschichte. Anhand des Skandals lässt sich einerseits zeigen, was die Zeitgenossen an Schnitzlers Texten provozierte und welche Machtstrukturen im Österreich der Jahrhundertwende am Werke waren. Andererseits fragte Schnitzler nach der individualpsychologischen Dimension des Skandalösen: Welche Auswirkungen hat ein Skandal auf die Psyche des Individuums? Und wie hängt der Skandal mit der Konstruktion der eigenen Identität (Sexualität, gender, Judentum) zusammen? Der Band stellt neue provokante Lektüren der Texte Schnitzlers vor - Lektüren, die nicht nur der Relevanz von Schnitzlers Werk für die Öffentlichkeit, sondern auch seiner identitätspsychologischen Komplexität gerecht werden.