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Antisemitismus und Ahasver

Der «Ewige Jude» als literarische Fiktion des «Anderen»

von Bernd Appel (Autor:in)
©2022 Dissertation 490 Seiten

Zusammenfassung

Zentraler Gegenstand dieses Buchs ist die Figur des wandernden Juden Ahasver, die 1602 im Flugblatt der Kurzen Beschreibung eingeführt wurde, später zahlreiche literarische Werke inspiriert hat und zum Mythos wurde. Aus figurentheoretischer und rezeptionstheoretischer Perspektive versucht der Band herauszufinden, welche literarischen Merkmale die Figur über ca. 400 Jahre zu einem der meistdiskutierten Gestalten des ‚Literarischen Antisemitismus‘ werden ließen. An ausgewählten Texten wird untersucht, wie die Figur für bzw. gegen den Antisemitismus in der Literatur verwendet wurde. Dabei werden verschiedene Figuren-Typen herausgearbeitet, die als Ahasvers ‚Abkömmlinge‘ Aufschluss über die Sicht auf vermeintlich jüdische Figuren in der deutschsprachigen Literatur geben können.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Danksagung
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1 Einleitung – jüdische Figuren und Ahasverus
  • 2 Die Forschungslage zu Ahasver
  • 2.1 Prä-und Parallelfiguren-Forschung
  • 2.2 Forschung zu den ursprünglichen Ahasver-Flugschriften
  • 2.3 Forschung zur literarischen Verarbeitung der Ahasver-Figur
  • 3 Die Forschungslage zum Antisemitismus
  • 3.1 Zur Möglichkeit einer Definition von Antisemitismus
  • 3.2 Antisemitismus als gesellschaftliches Phänomen in der Übergangszeit von der Frühen Neuzeit zur Moderne
  • 3.3 Kennzeichen des gesellschaftlichen Antisemitismus in der Moderne
  • 3.4 Der ‚Literarische Antisemitismus‘ als Konsenstheorie aus Literaturwissenschaft und Antisemitismusforschung
  • 3.5 Grundzüge antisemitischer Figurenkonzeption und -rezeption
  • 3.6 Stereotype Formen antijüdischer Figurenkonstruktion und -rezeption in den Werken des ‚Literarischen Antisemitismus‘ (1800-1945)
  • 4 Ahasvers Vorläufer
  • 5 Die Ahasver-Flugschriften – vom einzelnen Frevler zum ‚Bekenner wider die Juden‘
  • 6 Ahasvers Wanderungen durch die Welt – die Ahasver- Sagen
  • 6.1 Formen und Funktionen der Ahasver-Sagen
  • 6.2 Ahasverus zwischen literarischer Figur und Mensch – Deutung der Sagen
  • 7 Die erfolgreiche Befreiung? – Ahasver bei Goethe und Schubart
  • 8 Achim von Arnims Halle und Jerusalem (1811) und die Wiederkehr des antijüdischen Ahasver in der Deutschsprachigen Literatur
  • 8.1 Grundzüge der Ahasver-Dichtungen des ‚Literarischen Antisemitismus‘
  • 8.2 Antijüdische Tendenzen im Frühwerk Achim von Arnims
  • 8.3 Der Wandel vom Antijudaismus zum ‚Romantischen Antisemitismus‘ im Doppeldrama Halle und Jerusalem (1811) Achim von Arnims
  • 8.3.1 Die Figur des Ahasver bei Arnim – zur Reinkarnation von Begegnungsfigur und ‚Bekenner wider die Juden‘
  • 8.3.2 Der Jude Nathan als negative Seite des Judentums
  • 8.3.3 Cardenio als ‚uneigentlicher Jude‘?
  • 8.4 Rezeption von Arnims Halle und Jerusalem
  • 8.5 Nachtrag – die Arbeit am ‚uneigentlichen Juden‘ – ‚Literarischer Antisemitismus‘ im Spätwerk Achim von Arnims (1812-1819)
  • 9 Julius Mosens Episches Gedicht (1838) – Ahasver zwischen Jude und Mensch
  • 9.1 Tendenzen der Ahasver-Literatur bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
  • 9.2 Ahasver als Janus aus Jude und Mensch
  • 9.3 Die ‚alten‘ Juden in Mosens Epischem Gedicht Ahasver
  • 9.4 Ahasver und das Judentum – zur Rezeption von Mosens Epischem Gedicht
  • 10 Die Geburt des Ewigen Juden in der Literatur – zur Selbstcharakterisierung jüdischer Figuren als Neuer Ahasver in Fritz Mauthners Der neue Ahasver (1882)
  • 10.1 Tendenzen der Ahasver-Literatur bis zum Ende des Jahrhunderts
  • 10.2 Der neue Ahasver als literarische Verarbeitung der Vorstellungen vom Ewigen Juden
  • 10.2.1 Die Entstehung des Neuen Ahasver – der unbewusste Ahasverus (1878)
  • 10.2.2 Die Darstellung des ‚alten‘ Ahasver in Mauthners Roman Der neue Ahasver
  • 10.2.3 Heinrich Wolff als Neuer Ahasver
  • 10.2.4 Der Neue Ahasver und die Juden – zur ‚Personifikation‘ antijüdischer Stereotype durch die Judenfiguren in Fritz Mauthners Der neue Ahasver
  • 10.3 Fritz Mauthners Neuer Ahasver – die Vorstellung eines literarisierten Ewigen Juden in der Literatur und der Presse
  • 11 Frank Wedekind und die Entmenschlichung des Neuen Ahasver
  • 11.1 Tendenzen der Ahasver-Dichtungen um die Jahrhundertwende
  • 11.2 Vom Neuen Ahasver zur Ewigen-Juden-Figur – Wedekinds Opportunistische Zweifel (1898)
  • 11.3 Zum innerliterarischen Diskurs um Wedekinds Ahasver
  • 12 Entmenschlichung II – Ewige Juden und Maschinen in Lion Feuchtwangers Erzählung Gespräche mit dem Ewigen Juden (1920)
  • 12.1 Der Jude als Maschine? – Tendenzen in der Ahasver-Dichtung bis 1933
  • 12.2 Mimikry, Maschine und Monster – die Ewige Juden-Gestalt in Lion Feuchtwangers Gesprächen mit dem Ewigen Juden (1920)
  • 12.3 Zur Darstellung des Ahasver in Feuchtwangers Gespräche mit dem Ewigen Juden (1920)
  • 12.4 Die Erlösung des Ewigen Juden im Tod jüdischer Figuren – Feuchtwangers Judendarstellungen in seinem Oeuvre
  • 12.5 Die Rezeption von Feuchtwangers Ewiger-Juden-Figur
  • 13 Die Erlösung Ahasvers im Tod – Dichtungen vom Ewigen Juden bei Gertrud Kolmar
  • 13.1 Ahasver als Identifikationsfigur – zur Beziehung zwischen Judentum und Ewigem Juden in den Schriften jüdischer Philosophen und Literaten (1933-1945)
  • 13.2 Ende im Schrecken – der letzte Tod der Ewigen Juden bei Gertrud Kolmar
  • 13.2.1 Die Darstellung des Ewigen Juden bei Gertrud Kolmar
  • 13.2.2 Ewige Juden im Gesamtwerk Gertrud Kolmars
  • 13.3 Zur Rezeption Gertrud Kolmars und ihrer Ewigen-Juden-Figuren
  • 14 Nach-Ahasver – zur Figur des Ewigen Juden bei Nelly Sachs
  • 14.1 Tendenzen der Ahasver-Dichtungen im Wirkungskreis der Shoah
  • 14.2 Das Treffen der Generationen – Ewige-Juden-Entitäten und Nach-Ahasver-Entitäten in Nelly Sachs‘ Chöre nach der Mitternacht (1947)
  • 14.3 Reminiszenzen auf die Ahasver-Figur in Nelly Sachs‘ Gesamtwerk
  • 14.4 Hoffen auf Ahasvers Ende – Diskussionen um Nelly Sachs‘ Nach-Ahasver
  • 15 ‚Literarischer Antisemitismus‘ und Ahasver als Figuration des Fremden – ein Fazit
  • 16 Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

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1 Einleitung – jüdische Figuren und Ahasverus

Jeder Literaturwissenschaftler, der im Laufe seines Lebens zu den Dichtern des 18. und 19. Jahrhunderts geforscht hat, ist ihnen wahrscheinlich schon begegnet. Oft verkörpern sie die schlechte, die nachtragende, die hasserfüllte oder sogar die mordlustige Seite des Figurenspektrums literarischer Kunstwerke, oft sind sie durch verabscheuungswürdige Stigmata gekennzeichnet, die eine posi- tive Rezeption dieser Figuren für den Leser erschweren oder sogar unmöglich machen. Die Rede ist von den sogenannten ‚jüdischen Figuren‘ und ihrer alles überstrahlenden Metafigur: dem zu ewigem Leben und ewigen Leiden verfluchtem Ewigen Juden Ahasverus.

Der wandernde, unsterbliche Jude mit Namen Ahasverus gehört auch heute noch zu den zentralen jüdisch konnotierten Figuren der Weltliteratur. Von Johann Wolfgang von Goethe über Percy Bysshe Shelley, von Edgar Quinet bis Jorge Luis Borges haben die Vorstellungen eines von Gott gestraften Sünders, dessen Leben, Leiden und Sehnsucht als Unsterblicher das Leben der Menschheit an sich reflektieren konnte, die Fantasie und die Schaffenskraft unzähliger Literaten angeregt und zu mannigfaltigen Erscheinungsformen beigetragen, die Ahasver zu einer Metafigur der Literaturgeschichte haben werden lassen.1

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Der nahezu unüberschaubaren Anzahl an literarischen Bearbeitungen2, die Ahasverus als Protagonist oder Nebenfigur verwenden, um sich im Bereich der Epik, der Lyrik oder des Dramas mit zentralen Fragen des Menschseins wie Vergänglichkeit, Ewigkeit, Gottesfürchtigkeit, Moderne usw. zu befassen, steht die Vorstellung von einem Fluch beladenen, gegen Gott und die Menschheit selbst gerichteten Judentum gegenüber, die Ahasver – als Ewigen Juden und als Symptom eben dieses Judentums – zum Instrument antijüdisch ausgerichteter Philosophie und antisemitischer Polemik werden ließ. In diesem Kontext wurde die Figur von zahlreichen führenden Philosophen, Historikern, Gelehrten und Dichtern wie etwa Arthur Schopenhauer, Richard Wagner oder Heinrich von Treitschke missbraucht.3 Da Ahasver im antisemitischen Kontext als Ewiger Jude gedacht wird, stellt sich aus literaturwissenschaftlicher Perspektive vorrangig folgende Frage: Was ist eigentlich eine jüdische Figur? Und genauer: Gibt es überhaupt so etwas wie jüdische Figuren oder ist dieses weit verbreitete Denkkonstrukt nicht schon in sich selbst antisemitisch?

Ahasver und Antisemitismus – dies ist ein weites Feld, das hinsichtlich der Janusgestalt des ewigen Wanderers sowohl von Seiten der Literaturwissenschaft als auch von Seiten der Antisemitismusforschung beleuchtet werden muss. So ist Ahasver mal ganz literarische Gestalt, mal ganz antisemitisches Denkkonstrukt, aber in einigen Fällen eben auch beides zugleich. Diese dritte Variante, die Ahasver als literarischen Gegenstand verarbeitet und zugleich ahasverähnliche Gestalten in den betreffenden Werken in den Kontext des Antisemitismus stellt, soll zum Ausgangspunkt dieser Arbeit genommen werden. Die zentrale Fragestellung der Arbeit lautet somit: Was leistet die Ahasver-Figur im Kontext des ‚Literarischen Antisemitismus‘? Wie wird sie einerseits als Vehikel antisemitischen Denkens oder andererseits als Widerstandselement gegen den Antisemitismus in den Texten figuralisiert, die die Figur auf der Basis der Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Antisemitismus verarbeiten? Und wie fließen literarische Vorstellungen von der Figur des Ahasver mit ihrem ←16 | 17→antisemitischen Schatten, dem in der Gesellschaft des 18. und 19. Jahrhunderts kursierenden Mythos vom Ewigen Juden, in den unterschiedlichen Werken zusammen?

Bereits in der Vergangenheit haben sich zahlreiche Religions-, Geschichts-, und Literaturwissenschaftler sowie Philosophen mit der Figur Ahasvers auseinandergesetzt. Auch ihre Verwendung im Bereich des ‚Literarischen Antisemitismus‘ ist bereits umfassend dokumentiert. Allen diesen Arbeiten ist dabei oftmals allerdings lediglich Überblickscharakter zuzusprechen. Eine Detailanalyse der ‚Ahasver-Werke des Literarischen Antisemitismus‘ in einem für die Literaturwissenschaft so essentiellen close reading der einzelnen Werke, die sich mit der genauen Charakterzeichnung der Figur als literarischer Figur und als Jude beschäftigen, steht jedoch ebenso noch aus, wie die Untersuchung der Rezeption der Figur durch Juden und Antisemiten selbst.

Will man ein genaues Bild hinsichtlich bisheriger Forschungsergebnisse im Bereich der umfassenden Ahasver-Forschung gewinnen, so ist es zur Orientierung innerhalb dieses Forschungszweigs, der im Wirkungskreis der historischen Literaturwissenschaft, der Judaistik und der Antisemitismusforschung angesiedelt werden muss, zunächst zwingend erforderlich, die bisherige Forschungsgeschichte in Ansätzen in einem eigenen Kapitel genauer darzustellen. Denn allein hier umspannen die wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit den Ursprüngen des ewig Wandernden, mit seinen Parallelfiguren, den für ihn verfassten Flugschriften, den mit ihm verwobenen Sagen und Legenden sowie die Arbeiten über seine literarische Verarbeitung eine Unmenge wissenschaftlichen Materials, das sich von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute erstreckt.

Soll eine so wirkungsmächtige Figur wie die Gestalt des Ahasver zudem hinsichtlich ihrer Instrumentalisierung für die Darstellung jüdischer Figuren, bzw. hinsichtlich ihrer Verarbeitung in der Literatur des ‚Literarischen Antisemitismus‘ in angemessener Weise untersucht werden, kommt man zudem nicht umhin, die zentrale Frage dieser Arbeit mit drei bedeutsamen, untergeordneten Fragestellungen zu verbinden. Diese betreffen erstens die historische Dimension eines ‚Gesellschaftlichen Antisemitismus‘, zweitens den ‚Literarischen Antisemitismus‘ selbst und drittens, was aus literaturwissenschaftlicher Perspektive eigentlich unter einer jüdischen Figur zu verstehen ist und wodurch sie sich der bisherigen Forschung folgend definiert. Denn immerhin ist dies der entscheidende Punkt in der Diskussion: Ahasver ist nicht nur Figur der Weltliteratur, sondern jüdische Weltfigur.

Die ersten beiden Fragestellungen sind theoretisch zu beantworten und umfassen eine gewisse Anzahl untergeordneter Fragen, die innerhalb dieser Arbeit auf der Basis der entsprechenden Fachliteratur beantwortet werden ←17 | 18→sollen. Für den ‚Gesellschaftlichen Antisemitismus‘ meint dies zum einen die Frage nach der Möglichkeit einer Definition klar voneinander abzugrenzender Ausprägungen des Phänomens ‚Antisemitismus‘ in unterschiedlichen Epochen sowie die Frage, inwieweit der Antisemitismus zu bestimmten Zeiten in Philosophie, Politik und Gesellschaft verankert war, um so die Literatur der jeweiligen Zeit auf Basis eines bestimmten Kultur- und Werteverständnisses beeinflussen zu können.

Der Themenbereich des ‚Literarischen Antisemitismus‘ soll hinsichtlich folgender Aspekte näher diskutiert werden: (1) Was meint eigentlich ‚Literarischer Antisemitismus‘, wie lässt er sich definieren und welche Probleme verbinden sich mit dem Begriff? (2) Welche Literatur lässt sich – der Definition folgend – als dem ‚Literarischen Antisemitismus‘ zugehörig bezeichnen und (3) wo liegen die Verbindungen zwischen ‚Literarischem‘ und ‚Gesellschaftlichem Antisemitismus‘?

Neben dem Versuch, diese Fragen im literaturtheoretischen und historiografischen Teil dieser Arbeit zu beantworten, stellt die Frage nach der Definierbarkeit einer jüdischen Figur die dritte notwendige Bedingung für eine umfassende Untersuchung der Ahasver-Figur im Kontext des Antisemitismus. Hierbei sollen folgende Fragen diskutiert werden: (1) Gibt es überhaupt Figuren, die in der Literatur dezidiert als jüdische Figuren konzipiert bzw. rezipiert werden und durch welche Figurenmerkmale wird eine literarische Figur als ‚jüdisch‘ gekennzeichnet? (2) Welche Figurenmerkmale werden von pro- oder kontraantisemitischen Autoren dazu verwendet, ihre Figuren im Sinne einer Judenfigur positiv oder negativ zu zeichnen und (3) welche Bedingungen müssen von Seiten des Lesers erfüllt sein, um eine Figur als jüdische Figur zu rezipieren?

Auch diese Fragen gilt es theoretisch zu klären, bevor mit der Untersuchung der Ahasver-Figuren und ihren Ausprägungen als jüdische Figuren begonnen werden kann. Denn erst im Anschluss lassen sich ausgewählte, für die Reflexion des ‚Literarischen Antisemitismus‘ bedeutende Ahasver-Werke im Sinne eines oben beschriebenen close reading ausführlich untersuchen und daraufhin überprüfen, inwieweit Kernaspekte des ‚Gesellschaftlichen und Literarischen Antisemitismus‘ in der Figur des Ahasver und in den anderen jüdische Figuren, die ihn umgeben, durch alle Zeiten hindurch geprägt, verarbeitet und rezipiert wurden.

Die ausgewählten Textbeispiele sollen dabei sowohl die antisemitische, wie auch die prosemitische Verwendung der Figur in einem Zeitraum von 1800 bis 1945 in den Blick nehmen, Kontinuitäten und Abweichungen aufzeigen und versuchen herauszustellen, welche Rolle die literarische Figur Ahasver dabei spielte, wie die Juden in Deutschland bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs von deutscher Seite gesehen wurden und stigmatisiert werden konnten.

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Ziel der Arbeit soll es letztlich sein, neben die rein stereotyp gedachten Judenfiguren-Typen andere Arten von jüdisch-konnotierten Figuren zu stellen, die ambivalenter und uneindeutiger ‚gefasst‘ sind, als die innerhalb der literaturwissenschaftlichen Forschung bisher herausgearbeiteten ‚klassischen‘ Judenfiguren.

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1 Vgl. Körte, Mona: Figur ohne Original: >Jud Süß< und >Ewiger Jude< als Metafiguren der Geschichte bei Lion Feuchtwanger, in: Przyrembel, Alexandra; Schönert, Jörg (Hrsg.): »Jud Süß«. Hofjude, literarische Figur, antisemitisches Zerrbild, Frankfurt am Main und New York 2006: Campus Verlag, S. 175-188. Der Begriff der Metafigur wird bei Körte nicht klar definiert. Sie beschreibt ihn ansatzweise unter Rückbezug auf Lion Feuchtwangers Figur des Jud Süß als: „Modellfall“ (Körte: Figur ohne Original, S. 177). Die Metafigur negiere „die ohnehin überkommene Vorstellung vom >Charakter< als stabile Einheit, indem […] die (widersprüchlichen und dynamischen) Facetten der Figur in einer Vielzahl unterschiedlicher Spiegel, Aussagen und Perspektiven gebrochen [werden]“ (Körte: Figur ohne Original, S. 178). Einen alternativen Begriff zur Metafigur liefert u. a. Brian Richardson. Dieser fasst textübergreifende Figuren unter dem Begriff der transtexuellen Figur zusammen. Vgl. hierzu: Richardson, Brian: Transtextual characters, in: Eder, Jens; Jannidis, Fotis; Schneider, Ralf (Hrsg.): Characters in Fictional Worlds. Understanding Imaginary Beings in Literature, Film and Other Media (= Revisionen Bd. 3), Berlin 2010: De Gruyter, S. 527-541.

2 Die Forschung zählt hier allein bis 1990 knapp 1500 Titel. Vgl. hierzu Băleanú, Avram Andrei: Die Geburt des Ahasver, in: Menora. Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte, Band 2, München und Zürich 1991: Piper Verlag, S. 15-43, hier S. 15.

3 Bereits 1927 kommt Arno Schmidt auf etwa 247 wissenschaftliche Abhandlungen, die sich mit verschiedenen Aspekten der Ahasver-Gestalt in unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen befassen: Vgl. hierzu: Schmidt, Arno: Das Volksbuch vom Ewigen Juden. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Buches, Danzig 1927: Kafemann, S. 13.

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2 Die Forschungslage zu Ahasver

Die Forschungslage bezüglich der hier zu betrachtenden Ahasver-Figur umfasst inzwischen mehr als 150 Jahre. Aus diesem Grund ist es für das Bestreben, eine detaillierte literaturwissenschaftliche Analyse der Figur im Hinblick auf ihre Instrumentalisierung durch den ‚Literarischen Antisemitismus‘ durchzuführen, unverzichtbar, vorab die Forschungsgeschichte bezüglich dieser überaus wirkungsvollen Gestalt eingangs kurz gesondert zu thematisieren, um der Gefahr vorzubeugen, vergangene Forschungsergebnisse außer Acht zu lassen oder unnötig auszubreiten. Insgesamt lassen sich innerhalb der Ahasver-Forschung drei Teilgebiete voneinander unterscheiden, die innerhalb von verschiedenen Dissertationen, Monografien, Sammelbandaufsätzen und Zeitschriftenartikeln mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen behandelt werden. Sie lassen sich grob unter folgenden Oberbegriffen subsummieren: (1) Prä- und Parallelfiguren-Forschung; (2) Forschung zum Ursprung der Ahasver-Figur in den Flugschriften des 17. Jahrhunderts; (3) Forschung zur literarischen Verarbeitung der Ahasver-Figur (Motiv- und Stoffgeschichte). Diese drei Teilgebiete sollen hier eingangs kurz überblicksartig vorgestellt werden, um somit die folgende Untersuchung mit den bisher erbrachten Forschungsleistungen besser synchronisieren zu können.

2.1 Prä-und Parallelfiguren-Forschung

Als ältestes Forschungsgebiet im Bereich der Ahasver-Forschung innerhalb der Germanistik lassen sich die Anfänge der Prä- und Parallelfiguren-Forschung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurückdatieren. Bereits 1861 veröffentlichte Johann Georg Theodor Grässe (1814-1885) einen ersten Forschungsbeitrag über eventuelle Vorläufer der Ahasver-Figur in seinem Werk Der Tannhäuser und Ewige Jude. Zwei deutsche Sagen in ihrer Entstehung und Entwickelung historisch, mythologisch und bibliographisch verfolgt und erklärt.4 Die Ergebnisse dieser Untersuchung flossen später ein in die 1885 veröffentlichte Abhandlung des evangelischen Theologen Paulus Cassel (1821-1892) Ahasverus. Die ←21 | 22→Sage vom ewigen Juden, in der die Auseinandersetzung mit den Vorläuferfiguren der Ahasver-Figur weiter vertieft wird.5 Erstaunlicherweise bis heute maßgebend bleiben jedoch vor allem die wissenschaftlichen Untersuchungen Leonhard Neubaurs, der sich über fast drei Jahrzehnte hinweg ausführlich mit den Ursprüngen der Ahasver-Figur beschäftigte und somit einen wichtigen Beitrag zur Prä- und Parallelfigur-Forschung geleistet hat. In seiner umfassenden Monografie Die Sage vom ewigen Juden (1884)6 und in einem späteren Beitrag für die ‚Zeitschrift des Vereins für Volkskunde‘ mit dem Titel Zur Geschichte der Sage vom ewigen Juden (1912)7, widmet sich Neubaur dabei detailliert den Ursprüngen der Ahasver-Figur und stellt Bezüge zu den ab 1602 entstehenden Ahasver-Flugschriften her, denen er sich, wie im Folgenden darzustellen sein wird, ebenfalls umfassend widmete.

Die Forschung über die Vorläufer- und Parallelfiguren der Ahasver-Gestalt kam während der 20er Jahre bis nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst vollends zum Erliegen, bevor sich im Verlauf der 60er Jahre im englischsprachigen Raum zwei weitere Monografien ausführlicher mit dem Thema befassten. Die 1961 erschienene, bis heute innerhalb der Ahasver-Forschung kaum rezipierte Monografie The Legend of the Wandering jew8 des amerikanischen Schriftstellers Joseph Gaer (1897-1969) leitete die Wiedergeburt der Prä- und Parallelfiguren-Forschung ein, die 1964 in dem durch George Kumler Anderson (1901-1980) verfassten Hauptwerk The Legend of the Wandering Jew9 ihren bisherigen Höhepunkt fand. Andersons Auseinandersetzung mit der Ahasver-Figur, die sich nicht ←22 | 23→nur auf die Beschreibung und Analyse der Prä-und Parallelfiguren beschränkt, sondern als einer der wenigen Forschungsbeiträge die gesamte Entwicklung der Legende (von den Vorfiguren über die Flugschriften bis zur literarischen Verarbeitung) in den Blick nimmt, kann noch heute als wissenschaftliches Zentralwerk gelten.

Im Verlauf der weiteren Jahrzehnte erschienen weitere Beiträge zu diesem Zweig der Ahasver-Forschung, die – in erster Linie in Form von Zeitschriften- oder Sammelbandaufsätzen – vor allem die Entwicklungen einzelner Vorläuferfiguren in den Blick nahmen. Hier zählen – neben anderen – vor allem die beiden Aufsätze Der „Ewige Jude“ in England von Michael Tilly (1995)10 und Ahasver, der wandernde Jude. Eine europäische Legende von Wolfgang Pöhlmann (2007)11 zu den besonders Nennenswerten. Umfassende, zu großen Teilen jedoch auf den Ergebnissen von Neubaur und Anderson aufbauende Forschungsbeiträge, sind zudem durch Avram Andrei Băleanú vorgelegt worden. Seine Aufsätze und Monografien Die Geburt des Ahasver (1991)12, Der ewige Jude (1995)13 und Ahasver. Geschichte einer Legende (2011)14 bilden die bisherigen letzten großen Beiträge zur Vorläuferfiguren-Forschung in Bezug auf die Ahasver-Gestalt15, sind allerdings in auffällig starkem Maße insbesondere von den Forschungsarbeiten ←23 | 24→Neubaurs beeinflusst. Zum Teil verhalten sich die Forschungsergebnisse von Băleanú gar redundant zu den bereits gelieferten Beiträgen.

Neben der Ahasver-Figur ist die deutschsprachige Dichtung bestimmt durch zahlreiche weitere literarische Gestalten, die durch bestimmte Attribute gekennzeichnet sind, welche sie in die Nähe des wandernden Juden rücken. Auch diese Figuren wurden im Verlauf der Ahasver-Forschung umfassender betrachtet und können so gewissermaßen als Parallel- oder Nachfolgefiguren der bekannten jüdischen Erscheinung gelten. Insgesamt ist die Parallelfiguren-Forschung ein bisweilen recht junges Feld im Bereich der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Ahasver-Figur. Sehr umfassend ist dabei bisher das Verhältnis von Ahasver und dem jüdischen Kaufmann Shylock aus William Shakespeares Merchant of Venice untersucht worden. Sowohl in Hans Mayers umfassender Studie Aussenseiter (1975)16 wie auch in Mona Körtes Beitrag Judenfiguren in der Literatur (2008)17 und Heinz-Peter Preußers Abhandlung Europäische Phantasmen des Juden (2009)18 wird die Figur des Shylock – wie später noch zu zeigen sein wird – als säkularisierter Ahasver-Typus dem ewig Wandernden entweder unter- oder übergeordnet. Mayer (1975), Körte (2008) wie auch Preußer (2009) beschäftigen sich zudem auch mit anderen Parallelfiguren wie etwa Lessings Nathan oder der literarischen Figuration des historischen ‚Hofjuden‘ Joseph Süß Oppenheimer – Jud Süß. Besonderes Interesse an dieser Art der Figurengestaltung zeigt auch Manfred Frank, der sich in einem Kapitel seines Beitrags Die unendliche Fahrt (2016)19 den Parallelen zwischen den Figuren Ahasver, Kundry und dem Fliegenden Holländer widmet.

Neben diesen, in der Literaturwissenschaft des Öfteren betrachteten Parallelfiguren, gibt es schließlich noch weniger verbreitete Verbindungen zwischen Ahasver und anderen mythisch-literarischen Gestalten. Hierzu zählen etwa der Wilden Jäger20, der Tannhäuser oder Figuren der jüdischen Mystik wie ←24 | 25→Mammon und Moloch, die in Clemens Henis Aufsatz Understandig Ahasver, Mammon, and Moloch (2010) untersucht werden.21

2.2 Forschung zu den ursprünglichen Ahasver-Flugschriften

Die überwiegende Anzahl der bisher erwähnten Publikationen thematisiert – trotz ihrer Fokussierung auf die Vorläuferfiguren – auch die Entstehung der berühmten Ahasver-Flugschrift Kurtze Beschreibung und Erzehlung/ von einem Juden/ mit Namen Ahasverus22 aus dem Jahr 1602. Es gibt allerdings auch zahlreiche eigenständige Beiträge zu diesem Forschungsfeld, die ausschließlich die Figurendarstellung Ahasvers, den Inhalt und die Rahmenbedingungen der Entstehung der Kurzen Beschreibung in den Blick nehmen.

Das Forschungsfeld zu den Flugschriften über Ahasver lässt sich für die Germanistik im Wesentlichen bis auf das Jahr 1893 zurückdatieren. Mit seiner auch bis heute noch umfangreichsten Bibliographie über die Anzahl von Ahasver-Flugschriften legte wiederum Leonhard Neubaur 1893 den Grundstein für die wissenschaftliche Erforschung der Kurzen Beschreibung und ihrer Nachfolge-Flugschriften. Seine im Centralblatt für Bibliothekswesen über zwei Ausgaben hinweg publizierte Bibliographie kann auch heute noch als wesentlicher Beitrag für die Erforschung der Ahasver-Legende angesehen werden.23 Eine weitere bedeutende Untersuchung zu diesem Forschungsbereich legte 1927 der Historiker Arno Schmidt (1879-1967) vor, als er in seinen Ausführungen Das Volksbuch vom Ewigen Juden (1927)24 vor allem die Entstehungsgeschichte der Danziger ←25 | 26→Ahasver-Drucke wissenschaftlich aufarbeitete. Ähnliche Untersuchungen, wie etwa Aaron Schaffers Essay The Ahasver-Volksbuch of 1602 (erstmals 1920 in der Zeitschrift Modern Philology publiziert)25 setzten sich verstärkt mit den Ahasver-Flugschriften von 1602 und ihren Nachfolgern auseinander, wobei die Erkenntnisse Neubaurs und später Schmidts meist nur um Nuancen ergänzt wurden.

Vor allem in der jüngeren und jüngsten Forschungsgeschichte haben sich einige wissenschaftliche Beiträge erneut vorwiegend mit den Ahasver-Flugschriften selbst auseinandergesetzt und dabei auch Motivationen und antisemitische Agitationen derselben näher untersucht. Stefan Nieds Sammelbandaufsatz Das Volksbuch von Ahasver (2002)26 und Victoria Luise Gutsches Ahasver-Kapitel in ihrer 2014 erschienenen Dissertation Zwischen Abgrenzung und Annäherung. Konstruktionen des Jüdischen in der Literatur des 17. Jahrhunderts27 eröffneten der Ahasver-Forschung neue, sich auf den Inhalt und die den Flugschriften zu Grunde liegenden Motivationen beschränkende Perspektiven. Genannte Forschungsbeiträge bauen dabei allerdings in einem nicht geringen Maße auf den Forschungsergebnissen von Neubaur und Schmidt auf und fügen diesen nur ansatzweise neue Erkenntnisse hinzu, die sich im Wesentlichen um das Thema des Antisemitismus drehen.

2.3 Forschung zur literarischen Verarbeitung der Ahasver-Figur

Die wesentlichen Beiträge aus dem Forschungsbereich zur literarischen Verarbeitung der Ahasver-Figur lassen sich dem Bereich der Stoff- und Motivgeschichte ←26 | 27→zuordnen, die – was im Folgenden noch zu problematisieren sein wird – in der Regel auf das close reading einzelner Erzähltexte, Dramen oder Gedichte, in denen die Ahasver-Figur als Protagonist oder Nebenfigur auftritt, verzichtet.28

Die Ursprünge der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Ahasver lassen sich wie auch in Bezug auf die anderen beiden Forschungsbereiche auf das 19. Jahrhundert zurückdatieren. Als erste nennenswerte Untersuchung zur Verwendung der Ahasver-Figur in der Literatur im Bereich der Germanistik kann heute die kurze Studie Die Sage vom „Ewigen Juden“. Ihre poetische Wandlung und Fortbildung29 gelten, die 1874 durch den Jenaer Schriftsteller Friedrich Helbig (1832-1896) vorgelegt wurde und erstmals wesentliche Ahasver-Werke der Romantik und der Restaurationszeit zusammenfasst. Einen bis an das Ende des 19. Jahrhunderts heranreichenden Blick auf die literarische Verwendung der Figur bietet zuallererst die fragmentarisch überlieferte Dissertation Rudolf Kassners Der ewige Jude in der Dichtung. Studien zur allgemeinen Literaturgeschichte30 in der sowohl deutsche wie auch österreichische Ahasver-Werke ihren Platz finden.

Die Etablierung der stoffgeschichtlichen Erforschung der literarischen Verarbeitung Ahasvers erfolgte schließlich in den Jahren 1905-1907 mit der Publikation von gleich vier wirkungsmächtigen Beiträgen. So schufen der spätere deutsche Literaturhistoriker Albert Soergel (1880-1958) mit seiner Dissertation Ahasver-Dichtungen seit Goethe (1905)31, der Germanist Johann Prost mit seiner Monografie Die Sage vom ewigen Juden in der neueren deutschen Literatur (1905)32 Literaturkritik Theodor Kappstein (1870-1960) mit seiner Abhandlung ←27 | 28→Ahasver in der Weltpoesie (1906)33 und der protestantische Theologe Friedrich Eduard König (1846-1936) mit seiner Monografie Ahasver „der ewige Jude“ nach seiner ursprünglichen Idee und seiner literarischen Verwertung betrachtet (1907)34 die ersten alle Aspekte der stoffgeschichtlichen Verwendung der Ahasver-Figur umfassende Monumentalwerke, die auch bis in die jüngste Forschung nach wie vor bedeutsam geblieben sind.

Maßgeblich für die weitere Auseinandersetzung mit der Ahasver-Literatur wurde zudem der Beitrag von Werner Zirus Der ewige Jude in der Dichtung (1928)35, in dem sowohl englische wie auch deutsche Ahasver-Werke Betrachtung fanden.36 Bis heute stellt die Monografie von Zirus die bisher umfangreichste wissenschaftliche Abhandlung dar, die sich mit der Verarbeitung der Ahasver-Figur in der Literatur beschäftigt.

In der Nachfolge der englischen Beiträge von Gaer und Anderson wurde die Ahasver-Literatur erst wieder in den späten 90ern und in der jüngsten Zeit erneut Gegenstand der germanistischen Forschung. Neben kleineren, als Aufsätze publizierten Beiträgen wie etwa Angelika Rahms Irrlichternd durch Raum und Zeit. Die Gestalt des Ahasver in der europäischen Literatur (1993)37, welcher vor allem epische und dramatische Texte sowie die Ahasver-Verarbeitungen der Nachkriegszeit beleuchtet, setzte vor allem Mona Körtes Dissertation Die Uneinholbarkeit des Verfolgten (2000)38 neue Maßstäbe für die Erforschung der Ahasver-Figur in Bezug auf Fragestellungen des Antisemitismus. Vor dem Hintergrund spezifischerer Fragestellungen wurde die Ahasver-Figur um das ←28 | 29→Jahr 2010 erneut Gegenstand wissenschaftlicher Forschungen. Der Anspruch, Ahasver-Werke im Kontext weitreichenderer Fragestellungen als der bloßen Stoffgeschichte zu betrachten, ist spätestens durch die Dissertationen Frank Halbachs (Ahasvers Erlösung. Der Mythos vom Ewigen Juden im Opernlibretto des 19. Jahrhunderts - 2009)39 und Lea Weiks (Jüdische Künstler und das Bild des Ewigen Juden - 2015)40 Rechnung getragen worden, die sich in ihren Forschungsbeiträgen vornehmlich mit der Verarbeitung der Ahasver-Figur in der Musik und der bildenden Kunst auseinandersetzen.

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4 Vgl. Grässe, Johann Georg Theodor: Der Tannhäuser und Ewige Jude. Zwei deutsche Sagen in ihrer Entstehung und Entwickelung historisch, mythologisch und bibliographisch verfolgt und erklärt, 2. Auflage, Dresden 1861: Schönfeld’s Buchhandlung, S. 81-107.

5 Vgl. Cassel, Paulus: Ahasverus. Die Sage vom ewigen Juden. Eine wissenschaftliche Abhandlung, Berlin 1885: Internationale Buchhandlung.

6 Vgl. Neubaur, Leonhard: Die Sage vom ewigen Juden, Leipzig 1884: Hinrichs‘sche Buchhandlung.

7 Vgl. Neubaur, Leonhard: Zur Geschichte der Sage vom ewigen Juden, in: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, 22. Jg., Berlin 1912: Behrend & Co., S. 33-54.

8 Vgl. Gaer, Joseph: The Legend of the Wandering jew, New York 1961: New American Library. Ein wesentlich früher erschienenes Werk aus dem englischsprachigen Raum wurde bereits 1881 von Moncure Daniel Conway (1832-1907) ebenfalls in New York publiziert. Vgl. Conway, Moncure Daniel: The wandering jew, New York 1881: Henry Holt and Company.

9 Vgl. Anderson, George Kumler: The Legend of the Wandering Jew, Providence 1965: Brown University Press. Anderson hat sich im Verlauf seines Lebens mehrfach mit der Figur des Ahasver auseinandergesetzt und bereits 1945 einen Beitrag zur Überlieferung der Ahasver-Legende in England geliefert. Vgl. hierzu: Anderson, George Kumler: The wandering Jew returns to England, in: The Journal of English and Germanic Philology, Band 45, Nr. 3, 1945: University of Illinois Press, S. 237-250.

10 Vgl. Tilly, Michael: Der „Ewige Jude“ in England. Die mittelalterliche Cartaphilus-Legende in ihrem historischen Kontext, in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, Band 47, Heft 4, 1995: Brill Verlag, S. 289-302.

11 Vgl. Pöhlmann, Wolfgang: Ahasver, der wandernde Jude. Eine europäische Legende, in: Stoklosa, Katarzyna; Strübind, Andrea (Hrsg.): Glaube – Freiheit – Diktatur in Europa und den USA. Festschrift für Gerhard Besier zum 60. Geburtstag, Göttingen 2007: Vandenhoeck und Ruprecht, S. 337-358.

12 Vgl. Băleanú: Die Geburt des Ahasver, S. 15-43.

13 Vgl. Băleanú, Avram Andrei: Fünftes Bild. Der »ewige Jude«. Kurze Geschichte der Manipulation eines Mythos, in: Schoeps, Julius H.; Schlör, Joachim (Hrsg.): Antisemitismus. Vorurteile und Mythen, München 1995: Piper Verlag, S. 96-102.

14 Vgl. Băleanú, Avram Andrei; Aescht, Georg: Ahasver. Geschichte einer Legende, Berlin 2011: Bebra Wissenschaftsverlag.

15 Neben den Forschungsbeiträgen aus dem deutschen und dem englischsprachigen Raum soll hier aufgrund der Beschränkung der Arbeit auf die deutschsprachige Literatur nicht näher auf die Beiträge aus anderen Sprachbereichen eingegangen werden. Andere wissenschaftliche Beiträge, z. B. aus dem Französischen von Alice M. Killen (L’Évoulution de la légende du Juif Errant – 1925) oder aus dem Italienischen wie etwa Rodolfo Reniers La leggenda dell‘ Ebreo errante (1910) werden daher keiner näheren Diskussion unterzogen. Für eine Übersicht der Beiträge zur Ahasver-Forschung in Europa bis ca. 1930 vgl. Anderson: The Wandering Jew returns to England, S. 237.

16 Vgl. Mayer, Hans: Aussenseiter, Frankfurt am Main 1975: Suhrkamp, S. 311-458.

17 Vgl. Körte, Mona: Judenfiguren in der Literatur. Shylock, Ewiger Jude, Jud Süß, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Der Hass gegen die Juden. Dimensionen und Formen des Antisemitismus (=Positionen, Perspektiven, Diagnosen, Band 2), Berlin 2008: Metropol Verlag, S. 83-102.

18 Vgl. Preußer, Heinz-Peter: Europäische Phantasmen des Juden. Shylock, Nathan, Ahasver, in: Amsterdamer Beiträge zur neueren Germanistik, Band 69, Heft 1, 2009: Brill Verlag, S. 337-358.

19 Vgl. Frank, Manfred: Die unendliche Fahrt. Zur Pathogenese der Moderne, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Paderborn 2016: Ferdinand Schöningh, S. 51-70.

20 Vgl. hierzu u. a. erneut Cassel: Ahasverus. Die Sage vom ewigen Juden, S. 46-47.

Details

Seiten
490
Jahr
2022
ISBN (PDF)
9783631881231
ISBN (ePUB)
9783631881248
ISBN (Hardcover)
9783631881200
DOI
10.3726/b20180
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (Oktober)
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2022. 490 S.

Biographische Angaben

Bernd Appel (Autor:in)

Bernd Appel ist promovierter Germanist und Literaturhistoriker. Seine Forschungsschwerpunkte sind literarische Figuren und deren Rezeptionsgeschichte. Die vorliegende Studie wurde an der Universität Hamburg vorgelegt und entstand im Zuge der Mitarbeit in der dort angebundenen Graduiertenschule.

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Titel: Antisemitismus und Ahasver
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