Alkohol als individuelle und kollektive Herausforderung: die Anti-Alkohol-Bewegung im Spannungsfeld von Mission, Wissenschaft und Kolonialismus.

Begegnungen mit dem trunkenen »Anderen« warfen und werfen Grundsatzfragen der menschlichen Existenz auf: Welches Verhalten ist uns zugehörig und authentisch? Wo beginnt und wo endet die Freiheit des Menschen? Francesco Spöring historisiert diese Fragen, indem er den Anti-Alkohol-Aktivismus als eine der ersten globalen zivilgesellschaftlichen Bewegungen analysiert. Dazu beleuchtet er international orientierte Verbünde wie den Internationalen Alkoholgegnerbund (IBAA) sowie die Basler Mission. Während Ersterer u.a. gemeinsam mit dem Internationalen Guttemplerorden sozialhygienische Denkmuster verbreitete, initiierte Letztere unter anderem in den ehemaligen Kolonien Goldküste und Kamerun mehrere Vereine des religiös geprägten, alkoholgegnerischen Blauen Kreuz. Die untersuchten Akteurinnen und Akteure waren von einem ausgeprägten globalen Bewusstsein durchdrungen und brachten ihre Anliegen mitunter bis auf die Agenda supranationaler Organisationen wie dem Völkerbund. Angesichts der gegenseitig postulierten Abgrenzungen zwischen wissenschaftlichen und religiösen alkoholgegnerischen Positionen überraschen die zahlreichen ideellen Gemeinsamkeiten der jeweils propagierten Ansichten.