Der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) ermordete bis zu seiner Selbstaufdeckung 2011 zehn Menschen und verletzte zahlreiche weitere. Zwischen 1999 und 2011 verübte die Gruppe zehn Mordanschläge und drei Sprengstoffanschläge. Während die Bundesanwaltschaft im NSU-Prozess das Bild eines isolierten und nur von einzelnen Neonazis unterstützten Trios zeichnete, dem auch das Gericht in seinem Urteil folgte, zeichnet diese Studie ein verzweigtes Netzwerk nach und betont die Rolle der neonazistischen Bewegung bei der Entstehung, Radikalisierung und Unterstützung des NSU. Unter Rückgriff auf Ansätze aus der Forschung zu sozialen Bewegungen wird neben der Bedeutung radikaler Milieus auch die gesellschaftlicher Kontextbedingungen herausgearbeitet. Zu diesen Gelegenheitsstrukturen zählen etwa das Protest Policing, insbesondere die Vertrauenspersonenpraxis der Verfassungsschutzämter, oder der Asyldiskurs in den frühen 1990er Jahren. Auf der Grundlage von empirischem Material aus der neonazistischen Bewegung wird zusätzlich der bewegungsinterne Gewaltdiskurs untersucht und die diskursive Konstruktion von Deutungs- und Handlungsrahmen in Bewegung und radikalen Milieus und ihre Bedeutung für die Gewaltpraxis des NSU analysiert. Damit zeigt diese Studie Perspektiven für die Erforschung des Rechtsterrorismus auf, die auch unabhängig vom NSU relevant sind.