ISBN:
3906127532
Language:
German
Pages:
184 Seiten
,
Illustrationen
Year of publication:
1998
Abstract:
Die Bilder des holländischen Künstlers Karel Appel (1921-2006) werden in Lyotards Essay nicht nur in all ihrer verschwenderischen und eindringlichen Farbenpracht lebendig, sondern dienen gleichsam als Anlass zu einer grundsätzlichen Kritik des philosophischen Sprechens über Kunst. Lyotard bedient sich der philosophischen Terminologie nicht, um Theorie zu produzieren, sondern um den einzigartigen "Gestus" des Malers, seine zerstörerische und zugleich schöpferische Bewegung lesbar zu machen. Appels bildnerisches Werk und die ursprüngliche Kraft, auf die es sich beruft, erweisen sich in ihrem Freiheitsanspruch als nicht reduzierbar auf künstlerische Gruppierungen und Strömungen wie CoBrA, sie sind einzig in Kategorien wie Gewalttätigkeit und Überschwang, Keuschheit und Immaterialität der reinen Farbe beschreibbar. In einem lyrischen Zwiegespräch zwischen Denken und Farbe hebt sich die traditionelle Dialektik von Form und Inhalt auf: Der Maler erscheint als das Medium für den Tanz der Farbe. Er macht seinen Körper durchlässig für den Rhythmus, und die gemalte Leinwand enthält diesen Rhythmus so sehr, dass sie zur Aufforderung an den Körper des Betrachters wird. Diese Selbstaufgabe des Malers an die Farbe gibt einem fremden Willen Raum, der den Gestus vollzieht, von dem der Kommentar des Philosophen berichten soll. Zuletzt entwickelt Lyotard, ausgehend von Duchamp und von Kants Begriff des Erhabenen, eine "negative Ästhetik": Nach der Lahmlegung des Denkens durch den Affekt, den das Kunstwerk auslöst, bleibt nur noch die Fähigkeit, den Gestus des Malers unmittelbar zu empfinden und davon, also von der Bedeutungslosigkeit, Zeugnis abzulegen. Was Lyotard gelingt, ist nicht eine Interpretation, sondern eine kongeniale Transposition von Appels Werk in Sprache, die den einzigartigen Gestus eines Malers als geheimnisvollen, aber lesbaren Text zum Leben erweckt. Die sechzig farbigen Abbildungen von Gemälden Karel Appels sind von Lyotard eigens zur Begleitung seines Essays ausgesucht worden.
Permalink