ISBN:
3926527749
Language:
German
Pages:
327 Seiten
,
zahlr. Ill., graph. Darst., Kt.
Year of publication:
2005
Keywords:
Ausstellung
;
Maske
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Fastnacht
;
Brauchtum
;
Rhön
Abstract:
Die Ausstellung der Volkskundlichen Sammlung des Hessischen Landesmuseums stellt neben einer kleinen Sammlung von Larven aus Süddeutschland, Schweiz und Österreich vorwiegend Holzmasken aus der Rhön vor. Aus letzterem Gebiet, einer noch nahezu unbekannten Fastnachtsregion, werden über 100 Exponate gezeigt. Dieses bayerisch-, hessisch-thüringische Grenzgebiet ist die nördlichste Fastnachtshochburg Deutschlands, in der die Akteure Holzmasken tragen. Der Fasching beginnt hier oft schon kurz nach "Heilige Drei Könige" und zieht sich mit seinen Nachfeiern bis in die erste Woche der Fastenzeit. Die Brauchträger dieser über lange Zeit unorganisierten "Foasenocht" waren früher die Mitglieder der Dorfburschenschaften und heute die der örtlichen Vereine. Bei ihren "Heischegängen" von Haus zu Haus, um an Geld, Naturalien wie Wurst, Eier, Fleisch und Alkohol heranzukommen, imitierten sie gern bekannte, Geld einnehmende Personen wie Ordensbrüder, jüdische Hausierer, Akrobaten und Bärentreiber. Der Rhöner Brauch, an Fastnacht Holzmasken aufzusetzen, reicht bis in die 1840er Jahre des 19. Jahrhunderts zurück und verdankt seine Entstehung den demokratischen Bestrebungen der Bürger von Oberelsbach. Später erhielt der Brauch Verbreitung durch die Schüler der neuen Holzschnitzschule in Bischofsheim. Die überwiegend der barocken Tradition verhafteten Masken, meist Männer- und Frauengesichter, sind in der Regel Glattlarven, die durch ihre Vielfalt beeindrucken. Unter den Vermummten gibt es Span- und Strohmänner, "Debudel", "Jüde", Hanswurste, Clowns und spezielle Lumpenmasken wie den "Schlapper" und das "Schlappmaul". Letztere können sogar den Unterkiefer bewegen. Einige der Larven, insbesondere die alten aus Bischofsheim, lassen sogar formale Abhängigkeiten zum alpinen Bereich vermuten. Auffallend ist noch die hohe Anzahl von "Judenantlitzen", welche zwar die Sichtweise der ortsansässigen Christen entstammen, aber nicht wie die "Stürmer-Fratzen" der NS-Zeit Juden in antisemitischer Weise persiflieren. Hierbei stellt das Kostüm des "Blaue Jüd" eine weitere Besonderheit dar, das auf eine historische Aufführung "Der Auszug der Kinder Israel aus Ägypten" im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts zurückgeht. Dieser Brauch zieht heute noch den gesamten Ort Weisbach in seinen Bann und verbreitet dort geradezu eine festliche Stimmung. Um eine authentische Brauchdeutung zu erhalten, wurden für die Ausstellung auch die Nachkommen der ehemaligen Weisbacher Juden in Nord- und Südamerika befragt.
Note:
Rez.: Zeitschrift für Volkskunde 101 (2005),2, S. 289-291 (Wolfgang Brückner); Bayerische Blätter für Volkskunde N.F. 7. 2005 (2006), S. 169-171 (Christoph Daxelmüller)
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