Language:
German
Year of publication:
2006
Titel der Quelle:
Die Kaisermacher. Frankfurt am Main und die Goldene Bulle 1356 - 1806 : [eine Ausstellung des Instituts für Stadtgeschichte ... und des Museums Judengasse (Dependance des Jüdischen Museums), Frankfurt am Main, 30. September 2006 bis 14. Januar 2007]
Publ. der Quelle:
2006
Angaben zur Quelle:
[1]. Katalog, (2006), Seite ... - ...
Keywords:
Ausstellung Kammerknechte - der Kaiser und die Frankfurter Juden (2007 : Frankfurt, Main)
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Hoffaktor
Abstract:
Vivat Carl Im Dezember 1711 an einem kalten Wintermorgen versammelten sich die Frankfurter Juden im Hof des Zeughauses auf der Zeil. Wenige Tage nach der Krönung Karls VI. im Frankfurter Dom leisteten sie einem Vertreter des Kaisers den Huldigungseid und beschlossen die Veranstaltung mit dem mehrfachen Ruf "Vivat Carl der Sechste". Dies war ein Wendepunkt in der schon Jahrhunderte währenden Beziehung von Kaiser, Juden und Bürgerschaft in Frankfurt. Gegen den entschiedenen Widerstand des Rates war es der Jüdischen Gemeinde erstmals gelungen, ihr unmittelbares Verhältnis zum Kaiser auch im Rahmen von Wahl und Krönung mit einer symbolischen Handlung zu demonstrieren. Pergament, Betten und Kessel In den Beziehungen zwischen Kaiser und Stadt spielten die Juden seit dem Mittelalter eine wichtige Rolle. Zwar hatte Karl IV. sie 1349 für die sehr hohe Summe von 15.200 Pfund Heller an die Stadt verpfändet, aber in der Urkunde wurden auch fortdauernde Verpflichtungen der Juden dem Kaiser gegenüber festgehalten. So mussten sie bei seinen Aufenthalten in der Stadt Pergament für die Kanzlei, Betten für den Hof und Kessel für die Küche liefern. Schutzherr der Juden Der Kaiser behauptete trotz der Verpfändung eine Oberhoheit über die Frankfurter Juden, die sich in Steuerforderungen nach Wahl und Krönung, aber auch in der Wahrnehmung einer Schutzfunktion gegenüber Forderungen des städtischen Rates zeigte. So ist die Tatsache, dass Frankfurt zu den wenigen Städten des Reiches gehörte, die ihre Juden nicht vertrieben, durch die besondere Beziehung der Wahl- und Krönungsstadt zum Kaiser zu erklären. Rat und Bürgerschaft unternahmen zwar zwischen 1431 und 1614 mehrfach den Versuch, die jüdische Gemeinde auszuweisen, scheiterten aber immer wieder an der Intervention des von ihr mobilisierten Kaisers. Erst dadurch konnte sich Frankfurt zur "Muttergemeinde in Israel" und einem der wichtigsten jüdischen Siedlungszentren in Mitteleuropa entwickeln. Zwischen Kaiser und Rat Gegenüber den finanziellen Ansprüchen des Kaisers - so wenn nach manchen Wahlen der "Dritte Pfennig", eine 33-prozentige Vermögensabgabe, von den Juden eingetrieben werden sollte - fand die Gemeinde auch immer wieder Unterstützung beim städtischen Rat, der um die wirtschaftliche Kraft der Frankfurter Juden fürchtete. Allerdings geht auf eine Anordnung des Kaisers die zwangsweise Umsiedlung der Juden aus ihren zentralen Wohnplätzen am Dom zurück. Friedrich III. hatte bei seiner Wahl in Frankfurt die unmittelbare Nachbarschaft von Dom und Synagoge als skandalös empfunden. Sein Umsiedlungsbefehl führte seit 1460 zur Anlage der Judengasse, des ersten Ghettos in Deutschland. Die Ausstellung im Museum Judengasse Die archäologischen Reste des Frankfurter Ghettos im Museum Judengasse bilden den authentischen Rahmen für die Ausstellung zum Verhältnis von Kaiser, Juden und Bürgerschaft. Bislang selten gezeigte Exponate erlauben es, die von vielen Konflikten geprägte Beziehungsgeschichte nachzuzeichnen und interessante Einblicke in die städtische Lebenswelt zwischen Mittelalter und Moderne zu eröffnen. Im Rahmen der Veranstaltungen zur "Goldenen Bulle" berührt die Ausstellung Fragen, die bis heute für jede "Verfassung" zentral sind: Welche Rechte haben Minderheiten? Mit welchen symbolischen Handlungen dürfen sie an der von der Mehrheit geprägten "Öffentlichkeit" teilhaben? Welche Schutzaufgaben muss die staatliche Gewalt übernehmen? Welche Anpassungsleistungen dürfen Mehrheiten verlangen?
URL:
http://www.juedischesmuseum.de/wechselausstellungen/kaisermacher.html
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